VeranstaltungsberichtWiderstände und Erfolge im Hinblick auf rechte Gewalt
Am 17. Mai 2023 fand am Studienort Münster der HSPV NRW ein vom Institut für Polizei- und Kriminalwissenschaften (IPK) geförderter und in Kooperation mit dem Netzwerk „Weltoffene Hochschulen“ veranstalteter Studientag mit Welt-Café für die rund 180 PVD-Studierenden des Einstellungsjahrgangs 2021 statt
Die wissenschaftlichen Leiterinnen Prof. Dr. Frauke A. Kurbacher und Prof. Dr. Vanessa Salzmann konnten Alexandra Dorndorf, Polizeipräsidentin Münster, und Gregor Lange, Polizeipräsident Dortmund, für die beiden Hauptvorträge gewinnen. Zudem nahmen 14 weitere Expertinnen und Experten aus Theorie, Praxis, Lehre, Forschung und Zivilgesellschaft an den Workshops des anschließenden Welt-Cafés teil. Die Veranstaltung fand in der Aula des Studienorts Münster statt.
Nach der Begrüßung durch den Abteilungsleiter Christoph Keller gingen die wissenschaftlichen Leiterinnen vor dem Hintergrund der jüngst veröffentlichten Gewaltstatistik des Bundeskriminalamtes (BKA) auf die Relevanz der Thematik ein. Angesichts des beunruhigenden Anstiegs rechtsmotivierter Gewaltdelikte, betonten sie den Analysebedarf im Falle gelingender Maßnahmen zu deren Bekämpfung. Anschließend stellte Gregor Lange in einem der beiden Hauptvorträge eindrücklich die Lage in Dortmund (vor Beginn der entwickelten Strategien) und die aktuellen Erfolge vor. Er hob insbesondere die konsequenten polizeilichen Maßnahmen hervor. Hierbei wurde deutlich, wie wichtig auch die Rolle anderer Behörden ist und dass die demokratische Rückgewinnung eines ganzen Stadtteils in Dortmund nur durch das „Wirkungsdreieck“ aus Stadt, Zivilgesellschaft und Polizei möglich war. Basis für all dies ist jedoch die Realisierung, auch als Polizeikraft ein Teil der demokratischen, freiheitlich-rechtsstaatlichen Gesellschaft zu sein und sich klar zu positionieren.
Damit war zugleich eine Überleitung zum Vortrag von Alexandra Dorndorf und ihrem Akzent auf die demokratische Resilienz gegeben, womit sie aus ethisch-moralischer Perspektive und gleichfalls mit Seitenblicken auf die interkulturelle Kompetenz ein aussagekräftiges Pendant zum ermittlungstaktisch versierten Ansatz des Dortmunder Polizeipräsidenten bot. Hierbei wurde allen Beteiligten noch einmal eindrücklich vor Augen geführt, wie sehr der Schutz-, Sicherungs- und Verteidigungsauftrag der Exekutive gerade auch für das Demokratische selbst und seine freiheitlichen Werte gilt, und dass selbst die eigenen Reihen nicht gegen Verfehlungen immun sind. Demgegenüber wurden zahlreiche Maßnahmen erläutert, die insbesondere auf die kritische Selbstreflexion, die innere Einstellung und die eigene Haltung abzielen. In diesem Zusammenhang wurde auch das Präventionskonzept „Haltung.Macht.Sinn“ vorgestellt.
Nach kurzen Diskussionen endete der erste Teil der Veranstaltung mit der Vorstellung der vierzehn weiteren Expertinnen und Experten aus den Workshops, die die zweite Wirkungseinheit an diesem Tag bildeten. Dank des schönen Wetters war es möglich, einen Teil in kleinen Gesprächsrunden an Stehtischen zu realisieren, andere konnten mit den Studierenden in den Räumlichkeiten des Studienorts und mit technischer Unterstützung in den Austausch treten.
Im dritten Teil der Veranstaltung wurden zunächst die Resultate aus drei Welt-Café-Gruppen vorgestellt: Prof. Dr. Bernhard Frevel präsentierte die Ergebnisse seines zivilgesellschaftlich relevanten Workshops zu „rechten Rattenfängern“ und der Unterwanderung von Demonstrationen. Claudia Tutino vom LAFP NRW diskutierte mit den Studierenden über das verbreitete Phänomen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, auch mit selbstkritischem Blick auf die Polizei. Last but not least fasste PHK Andreas Kühnel, Lehrender am Studienort Münster, die Ergebnisse seines Workshops zusammen, der vor allem auf praktische Umgangsmöglichkeiten aus war. Alle anderen Ergebnisse wurden gleichfalls gesammelt und gesichert, um von den Leiterinnen des Forschungsprojekts weiter ausgewertet und im Rahmen einer Publikation berücksichtigt werden zu können. Die Ergebnisse wurden außerdem für die Teilnehmenden aufbereitet und zur Verfügung gestellt. Mit diesem Ausblick endete ein inspirierender und hoch motivierender Studientag.
Die Rückmeldungen der Gäste und Akteure aus Theorie und Praxis (unter denen sich auch zwei versierte Studierende aus dem Einstellungsjahrgang 2020 befanden) sowie der Studierenden selbst, erschienen sowohl positiv als auch differenziert:
Der Lehrplan sieht durchaus eine Sensibilisierung gegen rechts vor und auch in den Forschungszentren der HSPV NRW gibt es diesbezüglich hervorragende Arbeiten (beispielsweise Umfelder-Studien, PolBiP, Studien zur vorurteilsmotivierten Kriminalität, Studien zu Rechtsextremismus und Rechtspopulismus etc.), dennoch haben die Studierenden den Tag als große Bereicherung erfahren und sich gleichfalls gefreut, die Workshops frei wählen zu dürfen. Hierfür – wie für die Umsetzung des ganzen Tages – gab es dankenswerterweise hilfreiche Unterstützung durch die Verwaltung des Studienorts Münster. Auch das Konzept, mit Hilfe des Welt-Cafés ein „Gespräch auf Augenhöhe“ mit den Fachkräften zu führen, das gleichfalls der Verantwortung der angehenden Kommissaranwärterinnen und -anwärter Rechnung trägt, ist aufgegangen.
Gleichzeitig haben die Vorträge der Gäste deutlich gemacht, dass (neben den zivilgesellschaftlichen Akteuren) auch die Einbeziehung weiterer Behörden (etwa der Kommunen bei der Bekämpfung rechter Gewalt) ein entscheidender Punkt ist. Insofern wäre zu überlegen, künftig alle Studiengänge der HSPV NRW für Studientage zur Sensibilisierung gegen rechts mit einzubeziehen und auch über Neuauflagen von Patenschaften zwischen Städten in den alten und neuen Bundesländern nachzudenken, um Konzepte und Sensibilisierungen für das ganze Bundesgebiet zu entwerfen.